#hosensewalong - Wissenswertes zum Thema: Hosenschnittmuster anpassen

By Pepelinchen - 5.10.18

Nachdem ich neulich meine erste Jeans genäht habe, weiß ich, dass fast kein Hosenschnittmuster ganz ohne individuelle Anpassungen auskommt. Aber das ist ja auch ganz normal. Aber welche Anpassungen ggf. vorzunehmen sind und wie das dann umzusetzen ist, das ist auch für mich ein sehr schwieriges Thema. Darum freue ich mich um so mehr, dass ich Meike von Crafteln.de dazu gewinnen konnte, zu diesem Kapitel einen Gastbeitrag zu schreiben. Denn sie ist die Fachfrau auf dem Gebiet Schnittanpassungen. Ich übergebe also jetzt das Wort an Meike:

Hosenschnittmuster anpassen


Kennst du Stehhosen? Stehhosen sind nahezu perfekte Hosen, die auf einem Foto fantastisch gut aussehen, wenn du dich in den Hosen stehend fotografieren lässt. Leider haben Stehhosen einen Nachteil. Du kannst dich in ihnen nicht setzen. Und bedauerlicherweise sehen Hosen, in denen du dich hinsetzen kannst, niemals so toll aus, wie Stehhosen.

Unser Körper und unser Leben bestimmt, wann ein Kleidungsstück gut ist

Unser Körper und unser Leben sind total verrückt: wir wollen uns in unsere Kleidungsstücken bewegen und diese Bewegungen sind wirklich merkwürdig. Wir klappen unseren Körper immer so ein, dass wir uns mit dem Po hinsetzen und niemals mit der Vorderseite den Stuhl berühren. Wir beugen unsere Knie in eine bestimmte Richtung und wir gehen meist vorwärts und selten seitwärts. Alle diese Bewegungen müssen unsere Hosen mitmachen und dafür brauchen sie ausreichend Weite, damit diese Bewegungen möglich sind. Wir sitzen den halben Tag, wir fahren Fahrrad und wir gehen durchs Leben. Hosen sind praktisch - wenn sie gut passen.



Eine Bewegungszugabe, die alle diese Bewegungen erst möglich macht hat den Nachteil, dass sie nicht immer im Einsatz ist. Immer dann, wenn wir einfach nur stehen, dann sieht es so aus, als wäre diese zusätzliche Weite unserer Hosen irgendwie falsch, weil sich Falten bilden. Aber wir brauchen diese Weite, denn sonst haben wir nur eine Stehhose, deren einziges Feature es ist, auf einem Foto gut auszusehen.

Realtiviere deine Perfektionsansprüche

Warum schreibe ich das? Weil ich glaube, dass eine perfekte Hose zu nähen eigentlich nicht möglich ist. Ich habe schon Hobbyschneiderinnen im Perfektionsnirvana verschwinden sehen! Elasthan hilft, na klar. Aber Elasthan ist auch nicht die Lösung für eine perfekte Hose. Die Lösung ist der Vorsatz, eine möglichst gut Hose zu nähen, in der du dich auch hinsetzen kannst.

Elasthan ist eine Art Gummifaden, der einem Stoff bzw. einem Kleidungsstück ermöglicht, sich bei Bedarf auszudehnen. Im Idealfall springt der Gummifaden dann in seine ursprüngliche Form zurück, wenn die zusätzliche Weite für die Bewegung nicht mehr nötig ist. Wir kennen aber alle Kleidungsstücke, bei denen das nicht mehr so super funktioniert. Wenn wir Glück haben, dann wird es nach der nächsten Wäsche wieder etwas besser. Aber da Elasthan ein sensibles Ding ist, müssen wir es schon sehr gut behandeln, damit es auch langfristig macht, was wir von ihm erwarten.

Sorge dafür, dass du dich bewegen kannst 

Eine gute Passform einer Hose ist also dann gegeben, wenn du dich in ihr bewegen kannst, wenn sie dich nirgendwo einengt, wenn du Luft bekommst, auch wenn du sitzt und wenn du nicht zuppeln und ziehen mußt, damit sie sitzt, wo sie sitzen soll. Also sorge dafür, dass die Hose überall genügend Weite und Länge für deinen Körper hat.


Tipp: Weite + Länge

Bist du vielleicht darüber gestolpert, dass ich von Weite und Länge spreche? Das ist Absicht, denn überlege mal: immer dort, wo dein Körper eine "Beule" hat, also breiter ist, brauchst du nicht nur mehr Weite, sondern auch immer mehr Länge, weil der Stoff einen längeren Weg über den Körper gehen mußt. Ist doch logisch, oder?!

Ein Zeichen guter Passform ist es auch, wenn diese zusätzliche Weite und Länge genau dort ist, wo du sie brauchst und nicht irgendwo. Also überlege: brauchst du den Platz vorne oder hinten? Weiter oben oder weiter unten? Spendiere deiner Hose genau dort Platz, wo dein Körper sie braucht. Das findest du heraus, wenn du deinen Körper genau betrachtest und dann ordentlich vermisst. Wo sind relevante Stellen, auf die du beim Anpassen achten solltest. Wo brauchst du mehr Platz und wo vielleicht weniger. (Doch "weniger" kannst du auch später noch korrigieren, über das "mehr" mußt du dir vor dem Zuschnitt Gedanken machen!)

Achja, die Schrittlänger ...

Die mysteriöse Stelle beim Hosennähen ist für viele der Schritt. Dieses Maß ist auch nicht ganz einfach zu messen. Klar, du kannst ein Maßband von Taille zu Taille durch den Schritt ziehen und die Schrittlänge messen. Aber hilft dir das? Ich habe Po hinten und Bauch vorne. Weißt ich, wenn ich die Schrittlänge von Taille zu Taille messe, wieviel Platz ich für Bauch und Po vorsehen muß? Nein. Deswegen messe ich eine halbe Schrittlänge: eine Schrittlänge vorne und eine Schrittlänge hinten.

Einfacher als am Körper zu messen geht es, diese Schrittlängen an einer gut passenden Hose ähnlicher Stoffqualität zu messen. Und wenn du noch keine gut passende Hose hast, um die Schrittlänge an dieser zu messen? Dann mußt du überlegen, was an dieser Hose nicht gut ist und das gemessene Maß nur als Ausgangspunkt zu nutzen, um dann noch Änderungen zu machen.

Wo soll ich anpassen?

Das weiß ich doch auch nicht, denn genauso wenig, wie die HerstellerInnen des Schnittmusters, kenne ich deinen ganz speziellen Körper auch nicht. Aber du kennst ihn. Du  kannst ihn analysieren und vermessen. Du kannst in einem Schnittmuster alle die Stellen markieren, in denen du besonders Länge und Weite brauchst und du kannst im nächsten Schritt dafür sorgen, dass du genau dort durch eine Anpassung dafür sorgst, dass gegegebenenfalls mehr Länge oder/und Weite vorhanden ist. damit die Hose an deinem Körper gut passt.



Schau deinen Körper also an und überlege, wo genau dein Bauch ist und wo dein Po ist. Miss von der Taille mit einem senkrechten Maß nach unten, um genau das herauszufinden wo diese Stellen sind. Überlege, wie der Schnitt gemeint ist: Soll der Bund auf Höhe der Taille sitzen oder tiefer? Klebe Papier unter den Schnitt und zeichne ein, wo deine Taille sein wird, wenn du die Hose anziehen wirst.

Markiere wo dein Bauch und dein Po ist und kontrolliere die Weite. Füge Weite und vermutlich auch Länge dort ein, wo du sie brauchst. Bedenke, dass dein Bauch und dein Po nicht an der Seite sind sondern an vordere und hinterer Mitte. Füge nur Weite an der Seitennaht ein, wenn du sie dort brauchst, ändere ansonsten die Schrittrundung, denn dann wird die Hose an der Mitte des Körpers weiter oder enger.

Feinabstimmung nach der ersten Anprobe

Mit einer Feinabstimmung nachdem du die Hose schon mal zusammen genäht hast, kannst du dann wieder Weite oder Länge  wegnehmen, wo sie zu viel ist. Auch Maßschneiderinnen bestellen ihre Kundinnen zu Anproben. Es ist also noch keine Meisterin vom Himmel gefallen. Niemand erwartet, dass du ein Schnittmuster auf Anhieb so änderst, dass die genähte Hose auf Anhieb passt!

Wo du alles ändern kannst, dafür habe ich dir eine Überblicksgrafik gezeichnet, die ich dir gerne zumaile. Wenn du mehr darüber wissen möchtest, wie du Schnittmuster anpasst, dann zeige ich dir das gerne in einem Onlinekurs oder mit meinem Buch "Passt perfekt" - Schnittmuster an die eigene Körperform anpassen: enger, weiter, länger, kürzer. 

Gutes Gelingen beim Nähen
wünscht

Meike Rensch-Bergner
crafteln.de



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1 liebe Worte

  1. Die Anpassungen in der Länge bei Bauch und Po finde ich jetzt gut erklärt. Aber wo genau liegt das Problem (bei bisher allen genähten und gekauften Hosen), wenn sich der Bund immer runterrollt beim Hinsetzen? Das ist sogar unabhängig von der Bundhöhe.

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